Alkoholrückfall: Was leistet Baclofen?

Robert Bublak | DNP – Der Neurologe & Psychiater 2013; 14 (9) | zum Vortrag von Christian Müller auf dem 14. Interdisziplinären Kongress für Suchtmedizin, München, 4. Juli 2013

Der GABA-B-Agonist Baclofen besitzt offenbar das Potenzial, Alkoholabhängige vor Rückfällen zu bewahren. Fraglich ist allerdings, mit welcher Dosierung dies am besten gelingt.
(pp, 28.04.2015)

Baclofen wurde vor rund 50 Jahren als Antikonvulsivum entwickelt. Als solches hat es sich nicht bewährt, doch seiner spasmolytischen Eigenschaften wegen ist es noch heute als Muskelrelaxans im neurologischen Einsatz. Dass es auch in der Rückfallprävention bei Alkoholabhängigkeit gute Dienste leisten kann, hat Baclofen in präklinischen und klinischen Studien gezeigt – mit allerdings nicht immer eindeutigen Resultaten. Dr. Christian Müller, Oberarzt an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Berliner Charité, hat die Datenlage gesichtet und den aktuellen Kenntnisstand auf dem Suchtkongress in München dargestellt.

Angesichts der Tatsache, dass 85 % der Alkoholkranken Rückfälle erleiden und weniger als die Hälfte, nämlich 44 % der Betroffenen, ein Jahr nach ihrem Entzug noch abstinent sind, wird nach vorbeugenden Mitteln dringend gesucht. Für den Kandidaten Baclofen liegen dazu vier randomisierte und placebokontrollierte Studien vor, wie Müller berichtete. In zwei der Studien [Addolorato G et al. Alcohol Alcohol 2002; 37: 504–8; Addolorato G et al. Lancet 2007; 370: 1915–22] erhielten die Patienten Baclofen in der niedrigen Dosis von 30mg über vier respektive zwölf Wochen. In der Verumgruppe lagen die Abstinenzraten gegenüber Placebo bei rund 70 % versus 21–28 %. In zwei weiteren Studien ließ sich dies aber nicht bestätigen [Garbutt JC et al. Alcohol Clin Exp Res 2010; 34: 1849–57; Addolorato G et al. Alcohol Alcohol 2011; 46: 312–17]. Jedoch zeigte sich, dass die Anzahl der Drinks pro Tag bei einer Dosierung von 30 mg Baclofen um 53 % und unter 60 mg Baclofen um 68 % niedriger lag als unter Placebo, wenn man den vierwöchigen Zeitraum vor Beginn der Einnahme zum Vergleich heranzog.

Volles PotenziaI ausnutzen …

Das verweist auf die Frage, ob die Dosis von Baclofen eventuell deutlich höher als 30–60 mg liegen müsste, um sein volles Potenzial in der Rückfallprävention zu entfalten. Eine Reihe von Berichten von Patienten, die erfolgreich mit hohen Dosen behandelt wurden, sind in den vergangenen Jahren publiziert worden. Die Dosierungen von Baclofen betrugen bis zu 275 mg. Eine größere retrospektive, offene Studie, an der 181 Patienten beteiligt waren, ist im vergangenen Jahr erschienen [Rigal L et al. Alcohol Alcohol 2012; 47: 439–42].

… mit höherer Dosis

Die randomisierte BACLAD (Baclofen for the Treatment of Alcohol Dependence)-Studie an der Berliner Charité soll nun mehr Klarheit in die Angelegenheit bringen. Sie läuft seit Februar 2011. Dabei wird Baclofen oral über 20 Wochen hinweg verabreicht. Laut Studienprotokoll erhalten die Probanden – letzter Alkoholkonsum 7 bis 21 Tage vor Randomisierung – während der ersten drei Tage zweimal [tatsächlich waren es dreimal, Anm. baclofen.wiki] täglich 5 mg der Substanz oder Placebo, danach wird die Dosis binnen vier Wochen bis zu einem Maximum von 90 mg Baclofen zweimal [tatsächlich waren es dreimal, Anm. baclofen.wiki] pro Tag gesteigert. Diese Maximaldosis sollen die Patienten dann zwölf Wochen lang beibehalten, bevor die Baclofenmenge wiederum über vier Wochen reduziert wird. Erste Ergebnisse der Studie sollen laut Müller im nächsten Jahr vorliegen.

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